Aus der Vergangenheit in die Gegenwart

Historisch

Diese Art von Kreisgrabenanlagen war bislang nur aus dem Donauraum zwischen Niederbayern und Ungarn bekannt gewesen. Sie sind typisch für das frühe 5. Jahrtausend v. Chr. und zeichnen sich durch einen oder mehrere Spitzgräben aus, die durch Tordurchlässe unterbrochen sein können. Vereinzelt ist auch eine Palisade belegt, die parallel zum Graben in der Innenfläche errichtet wurde. Die Kreisgrabenanlagen waren nur für eine kurze Zeitspanne von ca. 150 Jahren in Benutzung.

Hier führen wir Sie durch die einzelnen Info-Punkte der Anlage.

Diese ringförmigen Graben- und Wallkonstruktionen stellen vorgeschichtliche Erdwerke dar. Die ältesten waren kreisförmig oder elliptisch angelegt, kombinierten ausgehobene Gräben mit aufgeworfenen Wällen, und stammen aus dem Kontext der Linienbandkeramik (Altneolithikum, 5500-4900 v. Chr.). Die Blütezeit der Kreisgrabenanlagen war die Zeit des Mittelneolithikums (4900-4500 v. Chr.).

Der Fundort Ippesheim stellt den westlichsten bekannten Vertreter dieser Kreisgrabenanlagen dar. Daher erfolgte ab 1998 die genauere Erforschung der Anlage durch mehrere Feldbegehungen und Ausgrabungen, bei denen große Teile des Grabens untersucht wurden. Hierbei zeigte sich schnell, dass die in Ippesheim verwendete Keramik im Stil der sogenannten "Großgartacher Kultur" verziert war. Im Verbreitungsgebiet dieser Kultur entlang des Rheins und in Südwestdeutschland gibt es sonst keine Kreisgrabenanlagen. Normalerweise sind diese Bauwerke mit Keramik der sogenannten Stichbandkeramischen Kultur und der Lengyel-Kultur im Donauraum verbunden. Aus diesem Grund ist die Kreisgrabenanlage von Ippesheim einzigartig.

Aus dem Dunkel der Geschichte

Mystisch

Bei einer Ausgrabung im Frühjahr 2002 wurde schließlich ein sensationeller Fund gemacht. Im Zentrum der Anlage wurden Reste eines weiblichen Skeletts entdeckt.

Die Tote, die bald 'Ippsi' genannt wurde, war offensichtlich kopfüber in einer Grube bestattet worden. Durch Erosion und landwirtschaftliche Nutzung des Geländes ist die ehemalige Oberfläche nicht mehr erhalten. Dadurch sind die oberen Teile des Skelettes verloren gegangen. Dass die Tote ursprünglich vollständig in die Grube gelangte, beweist ein Zehenknochen, der nach der Verwesung nach unten gerutscht ist. Er wurde im Schädel gefunden.

Das Gefäß, das beim Skelett lag, datiert genau in die Zeit, als die Kreisgrabenanlage aufgegeben wurde. Möglicherweise steht Ippsis Bestattung mit ihrer Aufgabe in Verbindung. Dieser Fund unterstreicht die Deutung der gesamten Anlage als Ort, an dem rituelle Handlungen durchgeführt wurden.

Der Kalender und die Sonne

Astronomisch

Der Vergleich der Torachsen ergab, dass immer astronomische Orientierung auf die Sonne vorlag, am häufigsten zum Sonnenaufgang der Wintersonnenwende (Azimut von 127 Grad). Die Ausrichtung beträgt eine Wahrscheinlichkeit von etwa 99,7 %. Die Anlage besitzt eine exakte Ausrichtung nach den Himmelsrichtungen. Nordost- und Südwesttor weisen zum Sonnenauf- und Sonnenuntergang an den Frühlings- und Herbstäquinoktien, dem 21. März und 23. September. Hier liegt eine die regelmäßige Ausrichtung der Brücken und Lücken in den Palisaden auf den Sonnenaufgang der Sommer- und Wintersonnenwende, sowie den Sonnenuntergang zur Tagundnachtgleiche am Westtor.

Man kann Peillinien über die Torkante zu markanten Punkten am Horizont feststellen; hier auf den links gelegenen Kapell- und den rechts gelegenen Bullenheimer Berg. Wie bei einer Sonnenuhr konnten auch die Schatten der Durchlässe oder einzelner Holzpfähle auf Steine innerhalb der Anlagen weisen und somit eine taggenaue Bestimmung der astronomischen Punkte ermöglichen.

Über 7.000 Jahre später...

Wiederentdeckt

Ein kurzer zeitlicher Abriss

  • Vor rund 7000 Jahren entstand die Kreisgrabenanlage von Ippesheim
  • 1989 Entdeckung durch Luftbildarchäologiefotograf Klaus Leidorf
  • 1997 Geophysikalische Untersuchung
  • 1998-2004 Ausgrabungsarbeiten - Leitung von Prof. Dr. Dr. hc Wolfram Schier
  • 2012 Ausstellung eines begehbaren Modells der Kreisgrabenanlage des Berliner Exzellenzclusters TOPOI
  • 2021 Aufbau eines Modells mit den originalen Sichtachsen

 

Die Entstehung unseres Modells

Das Vergangene bewahren

Im Jahre 2020 entstand die Idee, die historisch und archäologisch bedeutsame Anlage in einem Modell wiederentstehen zu lassen. Im Jahre 2021 wurde die Idee dann Wirklichkeit. Nach vielen Planungen und Anträgen ist es uns gelungen, ein verkleinertes Modell mit den Original-Sichtachsen und mit wissenschaftlicher Begleitung aufzubauen. Wir bedanken und bei allen Beteiligten!